Wer sich genauer mit dem Thema Fruktose auseinandersetzt, stellt sich berechtigt die Frage: Wie kann eine 80/10/10 Ernährung funktionieren? Der Verzehr von zu viel Fruktose kann schließlich allerlei körperliche Beschwerden verursachen.
Was verbirgt sich hinter 80/10/10?
80/10/10 ist ein von Dr. Douglas Graham entwickeltes Ernährungsprogramm. Basierend auf der sogenannten „Natürlichen Gesundheitslehre“ hat Douglas Graham in seinem Buch „Die 80/10/10-High-Carb-Diät“ seine Gründe für eine roh vegane und fettarme Ernährungsweise beschrieben, die zu einem großen Teil aus reifen Früchten besteht.
Die Formel 80/10/10 steht für das Mengenverhältnis von Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett. Dr. Graham bezieht dies auf das Kalorien-Nährstoff-Verhältnis. Danach sollten 80 Prozent der Kalorien von Kohlenhydraten stammen, idealerweise von ganzen süßen Früchten und jeweils maximal 10 Prozent von Eiweiß und 10 Prozent von Fett. Zum Vergleich: Die DGE empfiehlt ein Verhältnis von 55 Prozent Kohlenhydraten, 15 Prozent Eiweiß und 30 Prozent Fett.
Zwei Jahrzehnte intensiver Forschung und Beratung von gesundheitsbewussten Menschen und auch Profisportlern zeigten Dr. Graham auf, dass diese Art der Ernährung Gesundheit mit hoher Energie und Idealgewicht möglich macht.
Untermauert wird diese These durch die Langlebigkeitsstudien von John Robins. Bei seinen Forschungen hat er festgestellt, dass sich Völker mit hohem Altersdurchschnitt durchschnittlich von 75 Prozent Kohlenhydraten, 15 Prozent Fett und 10 Prozent Eiweiß bei bis zu 1800 Kalorien pro Tag ernähren. Dazu sind maßvolles Essen und regelmäßige Bewegung wichtige ergänzende Methoden, um gesund alt zu werden.
Kohlenhydrate liefern den optimalen Brennstoff
Je nach Anzahl der Zuckermoleküle werden Kohlenhydrate in drei Gruppen eingeteilt:
- Einfachzucker (Glukose, Fruktose, Galaktose),
- Zweifachzucker (Haushaltszucker, Malzzucker, Milchzucker) und
- Mehrfachzucker (Stärke, Ballaststoffe).
Bevor unsere Zellen ein Lebensmittel als Brennstoff nutzen können, muss es in Einfachzucker aufgespalten werden. Mehrfach- und Zweifachzucker werden in Einfachzucker zerlegt und nur die reine Glukose geht ins Blut über und versorgt die Zellen mit Energie. Alles Wichtige über Fruktose haben wir im Artikel „Ist Fruktose ungesund?“ beschrieben.
Wichtig ist es, den Unterschied zwischen industriell verarbeitetem Zucker und dem Zucker in Obst zu verstehen. Industriell verarbeiteter Zucker hat keinen Nährwert und wirkt bei der Verstoffwechslung sogar eher nährstoffverbrauchend. Früchte dagegen sind von Natur aus hochwertige Nährstoffpakete in einem natürlichen Wirkstoffkomplex. Sie verdauen fast vollständig und sind damit ein optimaler Brennstoff bzw. Energiespender für uns Menschen.
Von Nahrungsergänzungsmitteln hält Dr. Graham wenig. Er weist darauf hin, dass bisher lediglich 10 Prozent aller existierenden Nährstoffe (darunter auch sekundäre Pflanzenstoffe) entdeckt beziehungsweise bestimmt werden konnten. Angesichts dieser Tatsache können wir nicht wirklich über einen Nährstoffmangel diskutieren. Er vertraut, dass eine naturbelassene Pflanzenkost über ein geniales Nährstoffgleichgewicht verfügt und vermutet, dass die Einnahme isolierter und zusammengefügter einzelner Nährstoffe eher ein Ungleichgewicht erzeugt.
Früchte und Blutzucker
Die Annahme, dass der Verzehr von Obst zu Blutzuckerproblemen führt, wird von Dr. Graham widerlegt. Eine hauptsächlich auf Obst basierende Ernährung, die viele frische süße Früchte enthält, verursacht keinen hohen Blutzucker, jedenfalls nicht, wenn eine fettarme roh vegane Ernährung praktiziert wird.
Am besten ist es Obst so natürlich wie möglich zu essen. Der Fruchtzucker in Trockenfrüchten ist durch das Dehydrieren auf ein unnatürliches Niveau angehoben, auch frisch gepresste Obstsäfte sollten in Maßen verzehrt werden, da die in den Früchten enthaltenen Ballaststoffe die Zuckeraufnahme bremsen.
Die weichen, wasserlöslichen Ballaststoffe der Früchte sorgen dafür, dass der Zucker langsam und allmählich absorbiert wird, sodass keine schnellen Blutzuckerspitzen entstehen.
Nachfolgende Übersicht zeigt das Fruktose-/Glukoseverhältnis verschiedener Früchte: (recherchiert von Deine Ernährung)
Mittlerweile konnte von vielen Ärzten und durch Studien bestätigt werden, dass insbesondere eine fettreiche Ernährung in Kombination mit Kohlenhydraten die Entstehung von Typ-2-Diabetes begünstigt (1), (2).
Früchte im Ganzen oder in einfacher Kombination gegessen, erhöhen den Blutzuckerwert natürlich und kurzzeitig. Zu einem anhaltend erhöhten Blutzuckerwert führt der Verzehr von rohen reifen Früchten nur dann, wenn man sich gleichzeitig fettreich ernährt.
Die Empfehlung Obst zu meiden und stattdessen komplexe Kohlenhydrate mit Fett zu kombinieren, ist vielfach widerlegt worden. Besonders gefährlich sind einfache Kohlenhydrate zusammen mit Fett.
Zu viel Fett ist schädlich
Zu Blutzuckerproblemen führt das Fett, nicht das Obst. Der Mechanismus, der das Ansteigen des Blutzuckerspiegels auslöst, lässt sich einfach erklären:
Kohlenhydrate können als Glukose die Dünndarmwand in das Blut passieren und von dort mit Unterstützung von Insulin in unsere Zellen gelangen.
Übermäßiges Fett stört diesen Ablauf, denn es führt zu einem Zuckerstau im Blut: Wenn wir uns zu fettreich ernähren, entsteht an den Blutgefäßwänden, wo die Insulinrezeptoren der Zelle liegen, ein Fettfilm. Dadurch kann Insulin nicht ungehindert an den Rezeptoren andocken. Die Zellen erhalten damit das „Türoffnersignal“ nicht und der Blutzuckerspiegel bleibt hoch. Folgen sind eine überarbeitete Bauchspeicheldrüse, Insulinrestistenz und blutzuckerbedingte Stoffwechselerkrankungen.
Übermäßiges Fett verdrängt darüber hinaus Sauerstoff im Blut. Sauerstoffmangel aktiviert die Nebennieren Adrenalin zu produzieren. Ein hoher Adrenalinspiegel gekoppelt mit Stress ist typisch für den westlichen Lebensstil. Langfristig ermüden die Nebennieren, was sich in „chronischer Erschöpfung“ auswirkt.
Fette brauchen im Vergleich zu Kohlenhydraten viel mehr Zeit bis sie die Zellen erreichen
Sie verweilen mehrere Stunden im Magen, Dünndarm und Lymphsystem bis sie in die Blutbahn aufgenommen werden. Darüber hinaus bleiben langkettige Fettsäuren dann auch länger in der Blutbahn, als das bei Glukose der Fall ist.
Im Ergebnis enthält das Blut bei einer fettreichen Ernährung dauerhaft zu viel Fett, da sich stets aus der vorherigen Mahlzeit noch Fett in der Blutbahn befindet.
Fazit: Wenn Obst ohne Fett verzehrt wird, wandert die Glukose schnell über den Dünndarm in die Blutbahn und in die Zellen, wo sie benötigt wird.
Auch die Fragen zu Obst und Candida, Krebs sowie Karies werden von Dr. Graham betrachtet:
Obst und Candida
Der Candida albicans, ein Hefepilz der Candidagruppe, ernährt sich von Zucker und ist auf der Haut und auf den Schleimhäuten zu finden. Wenn der Blutzuckerspiegel sich im normalen Bereich befindet, hat auch die Candida-Kolonie eine normale Größe. Ist das Milieu aus dem Gleichgewicht geraten und der Blutzuckerspiegel dauerhaft zu hoch, vermehren sich auch die Candida-Organismen. Genaugenommen können die Candida-Hefepilze als Helfer betrachtet werden, denn sie unterstützen quasi den Blutzuckerabbau und damit die Bauchspeicheldrüse. Diese Dysbalance könnte jedoch unter Einhaltung der Ernährungsregeln schnell wieder korrigiert werden, da die Candida-Mikroben nur eine kurze Lebensdauer haben.
Ernährt Obst Krebszellen?
Die Frage, ob sich der Verzehr von Obst bei einer Krebsdiagnose förderlich oder schädlich auswirkt, wird sehr kontrovers diskutiert.
Dr. Graham weist in seinem Buch darauf hin, dass Krebszellen insbesondere in einer anaeroben Umgebung gedeihen, d.h. da, wo der Sauerstoffgehalt sehr niedrig ist. Eine fettreiche Ernährung senkt den Sauerstoffgehalt von Blut und bietet das ideale Umfeld für das Wuchern von Krebszellen. Eine fettarme und obstreiche Ernährung unterstützt dagegen ein sauerstoffreiches und basisches Milieu.
Obst und Karies
Der Schlüssel für gesunde Zähne ist auch der Schlüssel für eine blühende Gesundheit, so eine Aussage von Douglas Graham. Natürlich sollte man nicht den ganzen Tag Zitrusfrüchte essen, aber grundsätzliche sind rohes Obst und Gemüse die beste Nahrungsquelle für die Zähne.
Idealerweise befindet sich das Säureniveau des Mundes in einem leicht basischen Niveau. Nicht ideal sind demnach säurebildende Lebensmittel und Stress. Auch Trockenfrüchte bezeichnet Graham alles andere als gut für die Zähne. Sie sind extrem klebrig und bleiben gerne an den Zähnen und in den Zwischenräumen hängen, bis sie von Bakterien, die saure Stoffwechselabfallprodukte bilden, zersetzt werden.
Anmerkung: Eine obstbasierte Ernährung sollte durch mineralstoffreiches Blattgrün und Gemüse ausgeglichen werden (siehe nachfolgend unter „Abschließende Betrachtung“).
Wie viel Eiweiß brauchen wir?
Eiweiß bzw. Proteine sind komplexe molekulare Verbindungen, die aus Aminosäuren zusammengesetzt sind. Sie gelten als Grundbausteine allen Lebens.
Dr. Graham sieht die Gefahr eher in einem zu hohen Eiweißverzehr, weniger in einem zu niedrigen. Bodybuilder, die das 80/10/10-Programm verfolgen, haben bemerkt, dass ihr Eiweißbedarf sich drastisch verringert und sowohl ihre Energie als auch ihr Muskelwachstum zunehmen, wenn sie genug Kalorien in Form von Kohlenhydraten zu sich nehmen.
Alle pflanzlichen Lebensmittel enthalten Eiweiß (Obst zwischen 4 bis 8 Prozent und Gemüse zwischen 10 bis 30 Prozent) und es ist kein Zufall, dass Obst und Gemüse genau die richtige Menge an Eiweiß enthalten, die unserem Körper guttun.
10 Prozent bedeutet, dass bei einer täglichen Zufuhr von 1800 Kalorien die Ernährung einen Eiweißanteil von 180 Kalorien = 45 g Eiweiß enthalten sollte. Die Empfehlung der DGE entspricht 50 – 70 g je nach Körpergewicht.
Darüber hinaus ist Eiweiß aus unserer Nahrung nicht die einzige Quelle, aus der wir schöpfen, um die von uns benötigten Eiweiße aufzubauen. Tatsächlich „recycelt“ unser Körper täglich zwischen 100 bis 300 Gramm unserer körpereigenen Eiweiße auf eine sehr effektive Weise. Diesen Prozess der „Autophagie“ können wir wesentlich unterstützen, wenn wir das „Intermittierende Fasten“ praktizieren.
Eine eiweißreiche Ernährung dagegen geht mit allen möglichen Gesundheitsproblemen einher. Eiweißbasierte Nahrungsmittel wirken allesamt säurebildend und begünstigen Ablagerungen an den Gefäßwänden. Um im Gleichgewicht zu bleiben muss der Körper wertvolle basenbildende Mineralstoffe wie Kalzium und Magnesium verbrauchen, um Säuren zu neutralisieren und „ausscheidefähig“ zu machen.
Abschließende Betrachtung
Im Artikel „Ist Fruktose ungesund?“ wurden körperliche Auswirkungen wie Übergewicht, erhöhte Blutfettwerte oder eine nicht alkoholische Fettleber infolge eines hohen Fruktoseverzehrs ausführlich behandelt. Bedenken, wie unter diesen Gesichtspunkten eine fruktose- und obstreiche Ernährung funktionieren kann, werden von Dr. Graham nachvollziehbar entkräftet, indem er aufzeigt, dass insbesondere die Fette für Stoffwechselstörungen und anhaltende hohe Blutzuckerwerte ursächlich sind.
Finde „Deine Ernährung“
Allen, die sich schwer tun, unter den vielen verschiedenen Ernährungsansätzen zurecht zu finden, empfehlen wir, eine Ernährungstheorie nicht unreflektiert zu übernehmen, sondern sich stets die Frage zu stellen: Welche Aspekte stimmen für mich zum jetzigen Zeitpunkt?
Es fällt auf, dass die 80/10/10 Ernährung sehr viel Gemeinsamkeiten zu den Ernährungsansätzen von Arnold Ehret und Anthony William aufweist. Die Therapieansätze nach Dr. John Switzer und Brian Clement liefern wertvolle Ergänzungen:
Die schleimfreie Ernährung nach Arnold Ehret
Der deutsche Naturheilkundler Arnold Ehret sieht körperliche Symptome als eine Verstopfung des Leitungssystems des menschlichen Körpers und somit als einen Versuch des Körpers Abfallstoffe und Schleim auszuscheiden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hat er infolge umfangreicher persönlicher Erfahrungen die schleimfreie Ernährung begründet.
In einer eiweiß- und fettarmen sowie basenbildenden Ernährung und in regelmäßigen Fastenphasen sieht er die Chance, die Folgen der Fehl- und Überernährung wieder gut zu machen.
Ernährung nach Anthony William
Anthony William animiert seine Leser und Zuhörer unermüdlich, die vitale Kraft der Gaben der Natur auf köstliche und freudvolle Weise in unser Leben zu holen und macht vielen Menschen Hoffnung, indem er erklärt, warum Obst und Gemüse als Heilmittel potenter sind als jedes Medikament. Unter Berücksichtigung, dass Fette die Leber stressen und Ausscheideprozesse blockieren, hat Anthony William den fettfreien Leberentlastungsvormittag und die Leberrettung 3-6-9 entwickelt.
Wildkräuter Vitalkost nach Dr. John Switzer
Dr. Switzer hat mit dem Hintergrund, dass Früchte heutzutage infolge von Überzüchtung viel zuckerreicher sind, die Wildkräuter-Vitalkost-Therapie entwickelt. Wesentliche Elemente der Therapie sind Wildkräuter und fermentierte Säfte, welche reichlich Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe liefern.
Ernährung nach dem Hippocrates Health Institute
Dr. Brian Clement, der Leiter des Hippocrates Health Institutes, steht für die früchtearme und sprossenreiche Ernährung. Er stellt insbesondere den Weizengrassaft sowie die Sprossen- und Grünkrautzucht und dessen Enzym- und Mineralstoffreichtum in den Vordergrund.
Fazit:
- Die eiweißreiche Ernährung wirkt säurebildend und begünstigt Ablagerungen in den Gefäßen und im Bindegewebe.
- Die fettreiche Ernährung verlangsamt Stoffwechsel-, Entgiftungs- und Ausscheideprozesse, verringert die Sauerstoffsättigung im Blut und begünstigt hohe Blutzuckerwerte und Blutfettwerte sowie dessen Folgeerkrankungen.
Folglich ist die eher fett- und eiweißarme roh vegane Ernährung eine wirkliche Empfehlung:
Die Leber, unser wichtigstes Entgiftungsorgan, hat ihre aktivste Zeit zwischen 1 und 3 Uhr und arbeitet bis in den frühen Morgen. Ideale Unterstützung erfährt die Leber mit einer reichlichen Wasserzufuhr nach dem Aufstehen und einem fettfreien bzw. fettarmen Vormittag. Dadurch kann die Leber alle wichtigen Aufgaben für die Ausleitung der Abbauprodukte abschließen.
Bei einer früchtereichen Ernährung ist folgendes zu berücksichtigen:
Da heutzutage fast alle Früchte überzüchtet sind und mehr Zucker enthalten wie noch vor ein paar Jahren und viel mehr wie die einstigen Wildfrüchte, ist es wichtig, zusätzlich reichlich Mineralstoffe und Bitterstoffe in die tägliche Ernährung zu integrieren:
- Mineralstoffreich sind Gemüse und Blattgrün, je dunkelgrüner desto besser.
- Von Frühling bis Herbst liefern Wildkräuter wichtige Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe.
- Sprossen und Grünkraut können unseren Nährstoffbedarf von Herbst bis Frühling optimal ergänzen.
Ein Fruktosekonsum ist auch im Kontext des gesamten Lebensstils zu betrachten: Menschen, die Sport treiben bzw. sich viel bewegen vertragen mehr Fruktose, als Menschen, die sich wenig bewegen und einen geringeren Energiebedarf haben.
Ulrike Eder (Autorin)
Ulrike ist Heilpraktikerin (psych.), Ernährungsberaterin, Hippocrates Lifestyle Medicine Coach und Phytotherapeutin. Zusammen mit ihrem Mann Jürgen leitet sie die Ernährungsberater-Fernausbildung der Deine Ernährung Akademie.
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