Ist Hafer glutenfrei? Ist Hafer in der glutenfreien Ernährung erlaubt? Wird Hafer von Zölliakie-Betroffenen vertragen? Wird Hafer in der roh-veganen Ernährung verwendet?
Diese und ähnliche Fragen erreichen uns regelmäßig. Deshalb wollen wir in diesem Beitrag alles Wichtige rund um das Thema Hafer ausführlich beleuchten.
Hafer ist ein wertvoller Nährstofflieferant
Ernährungsphysiologisch gesehen zählt Hafer zu den wichtigsten Getreidearten in unserer Ernährung:
- Hafer ist vitamin- und mineralstoffreich: Er enthält reichlich B-Vitamine, darunter Biotin (Vitamin B7) und die Mineralstoffe Calcium, Eisen, Kalium, Kupfer, Magnesium, Mangan, Phosphor, Selen, Silizium und Zink.
- Hafer kann die Ausgewogenheit der Aminosäurenversorgung sehr gut unterstützen, da die essentielle Aminosäure Lysin, welche bei einer pflanzlichen Ernährung eher etwas unterrepräsentiert ist, reichlich vorhanden ist.
- Hafer enthält den löslichen Ballaststoff Beta-Glucan. Beta-Glucane wirken blutzuckerregulierend, cholesterinsenkend und aktivierend auf das Immunsystem. Sie verbessern das Sättigungsgefühl und sind förderlich für die Darmgesundheit.
- Hafer enthält reizmildernde Schleimstoffe.
- Hafer wird allgemein sehr gut vertragen, ist sättigend und nährend.
Wir unterscheiden Spelzhafer und Nackthafer
Um das Haferkorn näher kennenzulernen, wollen wir zunächst den Unterschied zwischen Spelz- und Nackthafer aufzeigen.
Spelzhafer
Der ursprüngliche Hafer zählt zu den sogenannten Spelzgetreidearten wie auch Reis, Gerste und Dinkel. Spelzen sind feine Hüllen, die das Haferkorn auch nach dem Dreschen noch fest umschließen. Sie sind ungenießbar und für den menschlichen Organismus unverdaulich.
Dies macht mehrere weitere Verarbeitungsschritte erforderlich: Um das Entspelzen zu erleichtern, wird der Hafer mit Dampf auf ca. 90 Grad erhitzt und anschließend gedarrt (getrocknet). Durch die Trocknung werden die Spelzen brüchig und können leichter entfernt werden.
Gleichzeitig wird der Hafer dadurch erst lagerfähig und ist so bestens für die Weiterverarbeitung zu Haferflocken vorbereitet. Hafer verfügt über einen relativ hohen Fettgehalt, wodurch geschälte und oftmals dadurch verletzte Haferkörner schnell ranzig werden. Durch die Hitzebehandlung werden die fettabbauenden Enzyme im Keim inaktiviert, wodurch Fettsäuren nicht mehr zerlegt und eine Oxidation der Fettsäuren verzögert wird.
Zusätzlich gewinnt das Haferkorn an Geschmack. Durch die Erhitzung verlieren die Körner an Feuchtigkeit und Bitterkeit und erhalten ein nussartiges Aroma.
Ihre Keimfähigkeit haben sie jedoch verloren.
Nackthafer
Beim Nackthafer handelt es sich um eine besondere Züchtung, bei der das Korn so locker von der Spelze umgeben ist, dass sie beim Dreschen abfällt. Wichtig ist es, dass die Körner sehr schonend gedroschen werden, damit die Körner nicht beschädigt werden.
So bleiben beim Nackthafer all die wertvollen Inhaltsstoffe unversehrt und die Keimfähigkeit erhalten – deshalb auch als Sprießkorn bekannt.
Trotz dieser wertvollen Eigenschaft wird Nackthafer viel weniger angebaut, da das Getreide anfälliger für Krankheiten ist und deutlich geringere Erträge erbringt.
Ist Hafer glutenfrei?
In den Fachkreisen wird Hafer von Natur aus als glutenfrei bezeichnet, mit folgendem Hintergrund: Unter Gluten verstehen wir ein Gemisch aus Proteinen beziehungsweise Proteinfraktionen und zwar aus Prolaminen und aus Glutelinen. Das Prolamin im Weizen heißt Gliadin, das Prolamin im Hafer heißt Avenin. Entscheidend ist die Wirkung des haferspezifischen Eiweißes Avenin, das als weniger bis gar nicht zöliakiewirksam gilt und laut der Deutschen Zöliakie Gesellschaft DZG nur bei wenigen Patienten eine immunologische Reaktion hervorruft. Dennoch empfiehlt die DZG Zöliakie-Betroffenen „glutenfreie“ Haferflocken langsam in die Ernährung einzuführen (1).
Welche Anforderungen erfüllt der im Handel angebotene glutenfreie Hafer?
Gewöhnlich wird Hafer auf Feldern angebaut, auf denen vorher Weizen oder andere glutenhaltige Getreide angebaut, bei der Ernte die gleichen Mähdrescher verwendet und auch bei der Verarbeitung dieselben Maschinen benutzt werden. Dadurch wird der Hafer mit Rückständen aus glutenhaltigem Getreide verunreinigt und enthält für glutenunverträgliche Menschen zu viel Gluten.
Ein im Lebensmittelhandel als „glutenfrei“ angebotener Hafer erfüllt somit die Bedingung, dass es sowohl im Anbau als auch in der Lieferkette nicht zu Verunreinigungen durch glutenhaltige Getreidesorten wie Weizen, Dinkel oder Gerste gekommen ist und der Glutengehalt des Hafers höchstens 20 mg/kg beträgt.
Gekeimte Haferflocken
In der roh-veganen Küche verwenden wir Hafer idealerweise in seiner nährstoffreichsten Form. Dazu aktivieren wir Nackthafer, um ihn als Basis für die Zubereitung von Haferflocken zu nutzen.
Beachte: Nur Nackthafer in Rohkostqualität ist keimfähig.
So funktioniert das Keimen von Nackthafer:
Für die Vorratshaltung empfehlen wir 1 kg Hafer ca. 8 Stunden gut bedeckt mit Wasser einzuweichen:
- Morgens mit frischem Wasser spülen und 2 – 3 Tage in großen Sieben bei ca. 20 Grad keimen lassen.
- Dabei weiterhin morgens und abends gründlich mit frischem Wasser spülen.
Bereits am 2. Tag werden kleine Spitzchen sichtbar.
Genau in diesem Stadium wird der Hafer ca. 12 Stunden bei 40 Grad im Dörrautomat getrocknet.
Wichtig: Die Haferkörner dürfen nicht zu sehr keimen, sondern sollen nur Keimansätze ausbilden. Sobald der Keimling länger wird wie das Haferkorn sinkt der Nährstoffgehalt wieder.
Für die Vorratshaltung müssen die Körner sehr gut durchgetrocknet sein, um Schimmelbildung zu vermeiden.
Wer eine Flockenpresse hat, kann nun selbst gekeimte Haferflocken herstellen und für leckere Frühstücksgerichte wie Porridge oder Overnight-Oats verwenden.
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Wir lieben gekeimte Haferflocken
Haferflocken im Handel, auch Bio-Haferflocken, sind aus oben genannten Gründen immer erhitzt. Mittlerweile gibt es gekeimte Haferflocken zu kaufen. Sie sind allerdings relativ teuer.
Mit einer Flockenpresse kannst du Haferflocken selbst aus angekeimtem Hafer quetschen – idealerweise erst kurz vor dem Verzehr. So verfügen sie über den vollen Gehalt aller Vitalstoffe des lebendigen Haferkorns.
Vorteile von gekeimtem Hafer
Durch das Einwirken von Wasser und Wärme werden die Samen zum Leben erweckt und es erfolgt ein Verwandlungsprozess:
- Enzyme (Phytasen)werden aktiv, welche Phytinsäuren abbauen (1).
- Proteine (Eiweiße) werden in Aminosäuren gespalten.
- Der Nährstoffgehalt steigt und die Nährstoffe sind besser bioverfügbar.
Eine Vertiefung dazu findest du HIER. - Aktivierter Hafer ist basenbildend.
Weitere Frühstücksrezept-Ideen findest du HIER.
Wenn du ein tieferes Verständnis über die gesundheitliche Wirkung einer natürlichen Ernährungsweise erlangen möchtest – dann informiere dich bei uns!
Liebe Ulrike,
darf ich fragen, welcher Hersteller glutenfreie Nackthafer-Körner anbietet? Im Internet wurde ich leider nicht fündig. (Aufgrund einer Schilddrüsen-Autoimmunerkrankung ernähre ich mich glutenfrei – gibt es vielleicht in deinem Blog einen Beitrag zur Ernährung bei Autoimmunerkrankungen?) Vielen Dank! Liebe Grüße, Sabine
Hallo Sabine,
es gibt nur glutenfreie Haferflocken. Wie oben im Artikel erklärt, geht es ja hauptsächlich um die Verunreinigung des Hafer, die dadurch entsteht, dass Maschinen etc. von glutenhaltigem Getreide nicht sauber getrennt werden. Aber tatsächlich, deine Frage ist berechtigt, wenn es glutenfreie Haferflocken gibt, warum gibt es dann keinen glutenfreien Nackhafer 😉
Wenn du Nackthafer zum Keimen bringst, wird er ja täglich gespült und damit von Verunreinigungen befreit. Vielleicht könntest du ausprobieren, wie du Nackthafer aktiviert oder gekeimt verträgst.
Und danke für deine Anregung. Ein Artikel zu Autoimmunerkrankungen steht oben auf meiner Todo-Liste 🌱 🌿 💚 Hier ein Artikel über die ganzheitliche Behandlung von Hashimoto https://deine-ernaehrung.de/einer-hashimoto-diagnose-ganzheitlich-begegnen/
Herzliche Grüße
Ulrike
Liebe Ulrike!
Kann man die Haferkörner eigentlich auch über Nacht als Ganzes einweichen, am nächsten Morgen nur 1x gut spülen und anschließend sofort mit weiteren Zutaten im Standmixer zu einer Smoothie Bowl verarbeiten? Sind sie dann schon gut verdaulich? Bei einem klassischen Frischkornbrei weicht man ja geschrotete Körner über Nacht ein, aber ich würde die Körner gerne aufgrund meiner glutenfreien Ernährung vorher abwaschen und kann sie ja dann nicht mehr schroten im nassen Zustand… Deine Variante mit 3 Tagen keimen lassen und dann trocknen wäre natürlich die beste, aber als Mama von 2 Kindern schaff ich das glaube ich derzeit nicht, wobei es wahrscheinlich einfach nur die richtige Organisation braucht 🙂 Danke! Liebe Grüße, Sabine
Ja, auf jeden Fall kannst du Nackhafer über Nacht als Ganzes einweichen und am nächsten Morgen mit weiteren Zutaten im Standmixer zu einer Smoothie Bowl verarbeiten? Beobachte einfach wie gut es dir bekommt. Zusätzlich kann ich dir das Buchweizenporridge empfehlen. Beobachte auch hier, wie es dir bekommt 😉
https://deine-ernaehrung.de/rohkoestliches-buchweizen-porridge/
Liebe Grüße
Ulrike
Oh, danke liebe Ulrike für den Tipp mit dem Buchweizenporridge – das Rezept hört sich sehr, sehr lecker an, werde ich auf jeden Fall auch ausprobieren 🙂 Liebe Grüße, Sabine
Liebe Sabine,
bei der Firma Vitakeim (https://www.vitakeim.de) gibt es
„Nackthafer aus kontrolliert ökolog. Anbau, glutenfrei kleiner 20ppm“
Viele Grüße
Regina
Hallo Ulrike,
vielen Dank für die interessanten Infos. Gilt das für alle Keimlinge also z.B. auch von Linsen, Buchweizen, etc., dass der Keimansatz nicht länger werden sollte als der Samen selbst?
Bei Mikrogrün gilt dies vermutlich nicht, wenn der Same dort aus der Erde auf Nährstoffe zugreifen kann. Istvdort eine Keimdauer von 12 Tagen sinnvoll.
Gibt es eine Quelle, wo ich noch weotere Informationen finde, wie sich der Nährstoffgehalt zur Dauer der Keimung verändert?
Viele Grüße
Kerstin
Liebe Kerstin,
hier in diesem Artikel gibt es weitere Infos zum Keimen von Samen und auch ein kleines E-Book zum Herunterladen.
https://deine-ernaehrung.de/sprossen-selber-ziehen-eroeffnet-ungeahnte-moeglichkeiten/
Dass der Keimansatz nicht länger werden sollte als der Samen selbst, ist eine gute Faustregel, danach werden die Keimlinge meist bitter im Geschmack und das Optimum den Nährstoffgehaltes wird überschritten.
Zu genauen Nährstoffangaben gekeimter Samen gibt es leider kaum Quellen, darüber hinaus schwanken sie je nach Samen und Keimverhältnissen.
Liebe Grüße
Ulrike
Danke für die ausführliche Antwort und den Link 😊.
Das hat mir sehr geholfen.