„Gut gekaut ist halb verdaut“
… ein geläufiges Sprichwort, das uns erinnert, die Nahrung nicht hinunterzuschlingen, sondern ausgiebig zu kauen. Und im ersten Moment klingt es auch einfach das gründliche Kauen zu praktizieren – ist es doch von jedem ganz leicht und überall durchführbar. Leider belehren uns erste Versuche eines anderen.
Die meisten von uns sind es gewohnt schnell zu essen, nach wenigen Kaubewegungen zu schlucken. Da zeigt sich dann doch ganz schnell, dass es an eine Meisterleistung grenzt, diese jahrelang praktizierte Gewohnheit von heute auf morgen aufzugeben.
Dennoch wollen wir dich in diesem Beitrag ermutigen, diese Praxis immer wieder zu üben, da „Gründliches Kauen“ eine neue Dimension von Gesundheit, Genuss und Zeit verspricht“.
Betrachten wir die Vorteile:
Der Speichelfluss wird angeregt
Im Mund haben Kiefer, Zunge und insbesondere die Zähne die Aufgabe die Nahrung ausreichend zu zerkleinern. Wesentlich unterstützt wird dieser Prozess durch den Speichel, der wahrlich die Bezeichnung „HEILELIXIER“ verdient.
Der Speichel
- ist enzymreich und leitet die Kohlenhydratverdauung im Mund ein.
- enthält antibakteriell wirkende Substanzen wie Lysozym, Immunglobulin A und Histatin.
- ist leicht alkalisch und neutralisiert den pH-Wert im Mundbereich.
- ist ein wichtiger Geschmacksträger. Denn erst wenn sich die Geschmacksstoffe in unserem Speichel gelöst haben, können sie die Geschmacksknospen der Zunge erreichen und dort ein Signal auslösen.
Durch gründliches Kauen haben die Speicheldrüsen Zeit, reichlich enzymreichen Speichel zu produzieren. Das Einspeicheln des Speisebreis ist sehr wichtig für die darauf folgende Verdauung im Magen-Darmtrakt. Wenn sehr hastig gegessen und nur wenig gekaut wird, fehlt dieser wichtige erste Verdauungsschritt und es kann zu Verdauungsstörungen, Blähungen oder Völlegefühl kommen.
Gründliches Kauen entlastet die Verdauung
Eine gesunde und nährstoffreiche Mahlzeit kann seine Wirkung verfehlen, wenn sie nicht gut gekaut wird. Die Aufspaltung schlecht gekauter Nahrung erfordert von Magen und Darm eine Menge Arbeit und es kann zu Fäulnis- und Gärungsprozessen kommen. Völlegefühl, Blähungen, Sodbrennen, Müdigkeit oder auch Allergien sind mögliche Folgen.
Ausreichend zerkleinerte und eingespeichelte Speisen dagegen, sind für das Verdauungssystem ein Segen. Dann können sich die Verdauungskräfte im Magen ganz ihrer Hauptaufgabe der Eiweißverdauung widmen und nebenbei auch noch unerwünschte Bakterien ausschalten.
Das sind optimale Bedingungen für die Weiterverarbeitung im Dünndarm – der dort ankommende vorverdaute, enzymreiche Nahrungsbrei wird nun mit Unterstützung des Bauchspeichel- und Gallensaftes weiter in seine Einzelteile zerlegt, bis sie vom Blut aufgenommen werden können.
Gründliches Kauen verbessert Nährstoffaufnahme und Vitalität
Beim gewöhnlichen Kauen gehen uns viele Vital- und Nährstoffe verloren, da es dem Verdauungstrakt unter hohem Energieaufwand nicht gelingt, die gesamte Nahrung völlig aufzuspalten. Dagegen können aus einem gut verdauten Speisebrei die Nährstoffe optimal aufgeschlossen und damit leichter für die Zellen verfügbar werden.
So können uns sogar bei geringer Nahrungsmenge mehr Nährstoffe zur Verfügung stehen, wir werden genährt und fühlen uns nach einiger Zeit gesättigter und fitter.
Gründliches Kauen stimuliert und unterstützt das Immunsystem
Die antibakterielle Wirkung des Speichels unterstützt in mehrerlei Hinsicht das körperliche Abwehrsystem:
- Der Speichel fördert das bakterielle Gleichgewicht der Mundflora und wirkt karieshemmend und desinfizierend.
- Der Speichel hat eine wichtige Wächterfunktion und macht Viren, Bakterien sowie andere Erreger bereits im Mund unschädlich und schützt das gesamte Immunsystem vor Eindringlingen.
- Ein gesunder Magen verfügt über ausreichend sauren Magensaft, um die Nahrung zu desinfizieren und bis dahin vorgedrungene Krankheitserreger auszuschalten.
Gründliches Kauen stärkt die Kaumuskulatur
Ausgiebiges Kauen massiert das Zahnfleisch, steigert die Durchblutung im Kieferbereich, kräftigt die Kaumuskeln und hat eine aktivierende Wirkung auf den Hörapparat. Aber aufgepasst: Wer diese Beanspruchung nicht gewöhnt ist, muss anfangs Muskelkater im Kieferbereich rechnen.
Gründliches Kauen verbessert die Geschmackswahrnehmung
Was zunächst viel Disziplin erfordert, kann sich bald als große Bereicherung erweisen: Bewusstes Kauen ermöglicht ein Herausschmecken feiner Geschmacksnuancen und eine völlig neue Geschmackswahrnehmung mit höherem Genussempfinden.
Erst während des gründlichen Kauens entfaltet sich der wahre Geschmack einer Speise und es zeigt sich, ob etwas wirklich gut oder leer schmeckt. Dies kann sogar dazu führen, dass gewohnte Speisen beim richtigen Kauen nicht mehr so gut schmecken und sich eine Ernährungsumstellung anbahnt.
Die meisten Supermarktprodukte sind darauf ausgelegt bei den ersten Bissen eine Geschmacksexplosion zu entfachen, danach schmecken sie oft schnell fad.
Gründliches Kauen hilft beim Abnehmen
Gutes Kauen kann eine recht wirkungsvolle Alternative zu diversen Diäten sein.
Menschen, die sehr schnell essen, haben sich bereits überessen bis das Sättigungsgefühl einsetzt. Wer gründlich kaut, braucht automatisch länger für seine Mahlzeit, fühlt sich mit kleineren Mengen satt und auch umfassend gesättigt, weil sich zugleich die Nährstoffassimilation verbessert – und ganz nebenbei purzeln die Pfunde.
Ausführliches Kauen macht achtsamer und zufriedener
Wer gründlich kaut, widmet der ganzen Mahlzeit mehr Aufmerksamkeit. Der Magen darf einen vorverdauten Brei empfangen und es stellt sich mehr Wohlgefühl, Zufriedenheit und ein Gefühl von „genährt sein“ ein.
Und alle, die sich darauf einlassen, werden merken und ahnen, dass bewusstes Kauen ein riesiges Potential in sich birgt und weitere Steine ins Rollen bringen kann, wie
- die Schnelligkeit des Alltags auszubremsen,
- eine Ernährungsumstellung,
- sich auf den gegenwärtigen Augenblick zu konzentrieren und achtsamer und entspannter zu werden,
- lästige Gewohnheiten zu erkennen und/oder
- vielleicht sogar die Motivation sein komplettes Leben neu auszurichten.
Nun geht es an die Umsetzung:
Praktische Anleitung
Gründliches Kauen kann wirklich jeder lernen, aber es erfordert Übung. Kaum jemandem gelingt das auf Anhieb.
Sei nicht frustriert, wenn du beim 10. Mal Kauen feststellst, dass du mit deinem Gedanken schon wieder ganz wo anders bist und der Speisebrei deinen Mund bereits verlassen hat. Sei einfach stolz darauf, dass du dich überhaupt damit beschäftigst und habe Vertrauen, dass deine Sinne dadurch immer sensibler werden für bewusstes Essen und du allmählich immer gründlicher kauen wirst.
Achtsame Umgebung
Von großer Bedeutung ist dein täglicher Essplatz. Schaffe eine Umgebung, die achtsames Essen fördert, einen Essplatz, an dem es keine Ablenkung wie Zeitung, Handy usw. gibt und an dem du dich sehr wohl fühlst.
Das gründliche Kauen
Zum Üben eignen sich vor allem dichtere Lebensmittel wie ein Stück Brot, ein Apfel oder eine Karotte.
- Nehme einen Bissen und beginne zu kauen, sobald der Speichel zu fließen beginnt.
- Widerstehe den ersten Schluckreflexen, welche dich bei der geringsten Unaufmerksamkeit den Bissen einfach hinunterschlucken lassen.
- Nun gilt es den Bissen nach und nach flüssig zu kauen. Je nachdem um welche Speise es sich handelt, dauert es unterschiedlich lange.
- Es geht nicht in erster Linie um die Anzahl der Kaubewegungen, sondern darum, dass die Nahrung wirklich flüssig ist, bevor sie geschluckt wird.
Versuche die Geschmackswahrnehmung auf den flüssigen Teil der Speise zu richten.
- Schlucke nach ca. 10-20 Kaubewegungen ein bisschen des flüssigen Anteils hinunter und kaue den Rest weiter, bis der komplette Bissen verflüssigt ist. Erst wenn er vollkommen ausgeschmeckt ist und keine Stückchen mehr aufweist, ist er reif für den Magen.
- Das Zählen der Kaubewegungen kann zu Beginn eine Hilfe sein, die Konzentration liegt jedoch auf der Verflüssigung der Speise.
Der Schluckreflex kann ausgetrickst werden, indem der Bissen etwas angesaugt wird und dessen Flüssigkeit geschluckt wird.
Schluckt man zu früh, muss der Körper diesen Verdauungsschritt im Dünndarm notdürftig nachholen. So aber können die Enzyme die langen Ketten von Kohlenhydraten schon im Mund in kürzere teilen. Der Speisebrei wird dabei süßlicher.
Ziel:
Salate, Gemüse, Nüsse usw. bis zur Breikonsistenz zu kauen und Suppen, Smoothies und Pürees ausführlich einzuspeicheln.
Seitdem ich Rohkost esse, kaue ich ganz selbstverständlich mehr, weil das Essen knackig und frisch ist und es mir Spass macht einzelne Stücke herauszuschmecken. Mein Geschmack hat sich seit Rohkost total verändert.
Ulrike, sie haben viel leckere Gerichte, die ich schon oft zubereitet habe. Ich freue mich über jedes neue Rezept. Danke dafür!
Danke für dein Feedback ♡ liebe Grüße Ulrike
Hallo liebe Anke,
ich schreibe gerade in 06/24, dein Post ist also über 3 Jahre her. Falls du trotzdem nochmal zufällig auf diese Seite schaust, würde mich folgendes interessieren:
1. wo hast du dieses Online Schmauen Seminar gemacht bzw unter welchem Link kann man es finden?,
2. Konntest du es weiterhin durchhalten (es kostet ja doch mehr Zeit, als normales Essen)
LG, Thea
Hallo Thea,
Anke wird wahrscheinlich ein Seminar bei Jürgen Schilling besucht haben. Siehe hier:
https://www.schmauen.com/
Liebe Grüße
Ulrike
Ich habe durch das Buch «Kau dich gesund » vor einem Jahr das Schmauen eine Weile praktiziert.
Es hat mir sehr gut getan, aber irgendwie wurde ich mit der Zeit wieder schneller.
Jetzt liegt das Buch wieder auf dem Esstisch, um mich an das Schmauen zu erinnern.
Da kommt auch dein Artikel wie gerufen.
Danke, liebe Ulrike 🙋♀️
Liebe Iris,
danke für dein Feedback. Das stimmt, ein kleiner Anstoß tut immer mal wieder gut. Ich wünsche dir viel Genuss und Erfolg bei der Umsetzung.
LG Ulrike
Vielen Dank für den sehr guten Artikel.
Bei mir hat es such mit dem Buch“ Kau dich gesund“ angefangen. Da ich aber früher ein totaler Schlinger war, war die Umsetzung für mich zunächst sehr schwierig. 20 Bissen waren für mich schon ein echter Erfolg. Das Umlernen ist ein langer Weg gewesen und erst jetzt in Zeiten von Corona, wo ich Zeit hatte, zu mir zu finden, hab ich es endlich geschafft, Schmauen zu erlernen. Eine wichtige Hilfe dabei war sicherlich auch, dass ich seit Monaten Yin-Yoga praktiziere.
Meine Ernährung hat sich durch das Schmauen wirklich geändert. Meinen Partner habe ich auch schon ein bisschen angesteckt.
Herzliche Grüße
Evelin
Liebe Evelin, danke für dein wertvolles Feedback 🌱 🌿 💚 LG Ulrike
Ich habe das Buch von Schilling gelesen, wobei ich diesen Artikel informativer fand als das ganze Buch. Zusätzlich habe ich noch ein Onlineseminar zum Schmauen belegt. Ich schmaue seit ca. 3,5 Wochen und mache nebenbei eine Basenkur. Die beiden Sachen lassen sich super verbinden. Ich habe seit Beginn 5 KG abgenommen ohne gefühlt etwas dafür getan zu haben. Die unfassbaren Vorteile, die ich jetzt schon genieße sind kaum in kurze Worte zu fassen. Kein Futterneid mehr, keine Gelüste, kein Heißhunger, geregeltes Durstgefühl, keine Lust auf Alkohol, höchster Genussfaktor, die volle Erlaubnis, Energie Energie Energie, kein Suppenkoma mehr, eine Verdauung wie ich sie noch nie hatte, kein Mittagstief mehr, an Diäten denke ich nicht mehr. Ich wünschte nur, mehr Leute würden das mal durchziehen, dann wären viel mehr Leute richtig gesund. Ich wusste überhaupt nicht, dass man sich so gut fühlen kann!
Viele Grüße
Liebe Anke,
ich danke dir sehr für dein so wertvolles Feedback! Dein Erfahrungsbericht ist wirklich ermutigend. Ich erlebe es so, dass es vielmals an der Umsetztung scheitert. Der Teller ist bereits halb leer und man hat es wieder vergessen an das Schmauen zu denken. Toll, wie es dir gelingt ! 🌱 🌿 💚
Liebe Grüße Ulrike