Die versteckten Gefahren einer eiweißreichen Ernährung

Auf der Suche nach mehr Gesundheit und Fitness erfreuen sich proteinreiche Gerichte zunehmender Beliebtheit. Sie versprechen schnellen Gewichtsverlust, Muskelaufbau und mehr Energie und scheinen die perfekte Lösung zu sein. Unter der Oberfläche bergen diese Diäten jedoch erhebliche Risiken, die unserer Gesundheit langfristig schaden können.

In diesem Artikel wollen wir die versteckten Gefahren einer eiweißreichen Ernährung beleuchten.

Struktur und Aufgaben der Proteine

Proteine gehören neben Fetten und Kohlenhydraten zu den drei Hauptnährstoffen, den sogenannten Makronährstoffen in unserer Ernährung.

Proteine, auch bekannt als Eiweiße, sind komplexe molekulare Verbindungen, die sich aus einzelnen Aminosäuren zusammensetzen, wovon im menschlichen Körper 20 Aminosäuren verschiedene vorkommen, sogenannte unentbehrliche und entbehrliche.

Proteine erfüllen zahlreiche lebenswichtige Aufgaben im Körper. Sie sind essenzielle Bausteine für Muskeln, Haut, Enzyme, Hormone und Antikörper. Neben ihrer Rolle als Strukturgeber reparieren sie Zellen, unterstützen das Immunsystem, regulieren den Stoffwechsel und transportieren wichtige Substanzen wie Sauerstoff und Nährstoffe durch den Körper.

Aufgaben der Proteine

Der Protein-Stoffwechsel

Die Verdauung von Proteinen beginnt im sauren Milieu des Magens und setzt sich im Dünndarm fort. Während dieses Prozesses werden die Proteine schrittweise in einzelne Aminosäuren zerlegt und schließlich in die Blutbahn aufgenommen. Dabei entstehen verschiedene Säuren, insbesondere Harnstoff und Harnsäure, die den pH-Wert des Körpers senken können. Um diese Säuren zu neutralisieren, nutzt der Körper verschiedene Mechanismen, die jedoch langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen können.

Protein wird säurebildend verstoffwechselt

Bei der Zerlegung von Proteinen in ihre einzelnen Aminosäuren werden die Peptidbindungen (-NH2) zwischen den Aminosäuren aufgebrochen. Dabei wird Stickstoff freigesetzt, der zu Ammoniak (NH3) hydrolysiert. Dieses Ammoniak wird dann in der Leber zu Harnstoff umgewandelt. Harnstoff ist säurebildend und wird über den Urin von den Nieren ausgeschieden. Dieser Prozess spielt eine wichtige Rolle in der Entgiftungsfunktion der Leber, indem er hilft, überschüssigen Stickstoff im Körper zu entfernen.

Darüber hinaus enthalten einige Aminosäuren, insbesondere solche mit Schwefel- (wie Cystein und Methionin) oder Phosphor-Gruppen (wie Phosphoserin), säurebildende Eigenschaften und tragen zur Bildung von sauren Stoffwechselprodukten bei.

Eine weitere Quelle für saure Stoffwechselprodukte ist der Abbau von Purinen im Körper, die besonders in proteinreichen Lebensmitteln wie Fleisch, Wurst oder Hülsenfrüchten vorkommen. Dieser Prozess führt zur Bildung von Harnsäure, welche ebenfalls über die Nieren ausgeschieden wird.

Was nun den Einfluss des Proteinverzehrs auf die Nieren betrifft, so kann ein übermäßiger Konsum von Protein über einen längeren Zeitraum tatsächlich zu einer Belastung der Nieren führen. Wenn die Nieren es nicht mehr schaffen die anfallenden Säuren auszuscheiden, werden diese durch im Körper vorhandene Mineralstoffe neutralisiert und im Körper eingelagert. Dies bringt der Körper dann zum Beispiel in Form von Cellulite oder durch Gelenkschmerzen oder Gichtanfälle zum Ausdruck.

Deshalb raten wir von einer eiweißreichen Ernährung ab, vielmehr gilt es, die richtige Balance zwischen notwendigem Proteinkonsum und basischen Lebensmitteln zu finden.

Gesunde Salat-Bausteine

Trend der eiweißreichen Ernährung

Eine eiweißreiche Ernährung liegt vor, wenn der Eiweißgehalt bei der Essenszubereitung im Vordergrund steht oder wenn Speisen gezielt mit Proteinpulvern angereichert werden. Dieser Trend führt dazu, dass der tägliche Proteinanteil die übliche Empfehlung von etwa 10-15% der Gesamtenergiezufuhr übersteigt.

High-Protein Ernähung

In Zahlen ausgedrückt, liegt die empfohlene tägliche Proteinzufuhr für die meisten Erwachsenen bei etwa 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Eine Ernährung, die diesen Wert deutlich überschreitet, stufen wir als eiweißreich ein.

Der Trend zur eiweißreichen Ernährung hat mehrere Ursachen:

  • Fitness und Muskelaufbau: Ein zunehmendes Bewusstsein für Fitness und Muskelaufbau hat Protein als Schlüssel zu Muskelwachstum und -reparatur etabliert, besonders unter Sportlern.

  • Diäten und Gewichtsmanagement: Eiweißreiche Diäten wie Atkins oder Paleo haben an Popularität gewonnen, da sie beim Gewichtsmanagement und zur Reduzierung des Hungergefühls helfen.

  • Gesundheitsbewusstsein und Social Media: Das allgemeine Gesundheitsbewusstsein und die Einflussnahme durch Vorbilder und Influencer auf Social Media haben dazu geführt, dass viele Menschen proteinreiche Lebensmittel als gesund ansehen und in ihre Ernährung integrieren.

  • Marketingstrategien der Lebensmittelindustrie: Die Lebensmittelindustrie investiert stark in das Marketing von eiweißreichen Produkten wie Proteinpulver und Riegel, die als Lösungen für einen gesunden Lebensstil beworben werden.

  • Wissenschaftliche Unterstützung: Studien, die die Vorteile von Eiweiß für Muskelmasse und Stoffwechsel belegen, haben den Trend weiter verstärkt.

Die versteckten Gefahren einer eiweißreichen Ernährung

Obwohl eine eiweißreiche Ernährung viele Vorteile verspricht, wie Muskelaufbau und mehr Energie, birgt sie auch potenzielle Risiken, die nicht außer Acht gelassen werden sollten (1). Im Folgenden werden einige der selten bedachten Gefahren dieser Ernährungsweise aufgezeigt:

Mineralstoffdefizite

Zur Neutralisierung der beim Eiweißstoffwechsel entstehenden Säuren nutzt unser Organismus basenbildende Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium und Kalium. Wenn diese Mineralstoffe nicht ausreichend über die Ernährung aufgenommen werden, mobilisiert der Körper sie aus seinen eigenen Vorräten, was zu Defiziten führen kann (2).

Verlust der Knochendichte

Wenn der Körper Kalzium aus den Knochen entnimmt, um die Säuren zu neutralisieren, kann dies zu einer geringeren Knochendichte und einem erhöhten Risiko für Osteoporose und Knochenbrüche führen. Dies ist besonders bedenklich für ältere Erwachsene, die ohnehin ein höheres Risiko für einen Verlust der Knochendichte haben.

Hohe Harnsäurewerte

Eine hohe Proteinzufuhr kann den Stoffwechsel von Purinen erhöhen, was zu einem Anstieg der Harnsäure führen kann. Ein hoher Harnsäurespiegel wird mit einem erhöhten Risiko für Gicht und möglicherweise auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht.

Nierenschäden

Eine übermäßige Proteinzufuhr kann die Nieren belasten, da sie für den Abbau und die Ausscheidung von überschüssigem Stickstoff aus den Proteinen verantwortlich sind (2).

Gefäßablagerungen

Studien deuten darauf hin, dass ein hoher Proteinkonsum mit einem erhöhten Risiko für Gefäßablagerungen verbunden sein kann. Diese Ablagerungen können zu einer Verengung der Blutgefäße führen und das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose erhöhen.

Ungleichgewicht der Nährstoffe

Eine eiweißreiche Ernährung kann weniger Platz für andere wichtige Nährstoffe lassen. Die Ernährung kann unausgewogener werden, und es wird weniger Obst und Gemüse verzehrt, die zahlreiche andere wichtige Nährstoffe wie Ballaststoffe, Vitamine, Mineralien und sekundäre Pflanzenstoffe enthalten.

Risiken einer High-Protein-Ernährung

Häufige erste Symptome

Die ersten Hinweise darauf, dass eine High-Protein Ernährung möglicherweise nicht optimal für den Körper ist, zeigen sich häufig als Haut- oder Verdauungsprobleme, insbesondere bei Personen mit schwacher Magensäureproduktion.

Hautprobleme

Eine erhöhte Proteinzufuhr kann zu Hautreaktionen wie Akne, Hautausschlägen oder Trockenheit führen. Dies kann durch die erhöhte Ausscheidung von Stoffwechselabfällen und Säuren verursacht werden, die sich negativ auf die Haut auswirken.

Verdauungsbeschwerden

Menschen mit schwacher Magensäure können Schwierigkeiten haben, Proteine effizient zu verdauen. Dies kann zu Symptomen wie Blähungen, Bauchschmerzen, Verstopfung oder Durchfall führen. Unvollständig verdauten Proteine sind Nahrung für Fäulnisbakterien im Dünndarm, was zu einem bakteriellen Ungleichgewicht und einer sogenannten Dysbiose führen kann.

Müdigkeit und Energiemangel

Ein Ungleichgewicht in der Ernährung, das zu wenig Kohlenhydrate und gesunde Fette enthält, kann zu Energiemangel und allgemeiner Müdigkeit führen. Zudem ist die Verdauung von Proteinen energieintensiv und kann den Körper zusätzlich belasten. Der Körper benötigt eine ausgewogene Ernährung, um optimale Energielevels aufrechtzuerhalten und Müdigkeit zu vermeiden.

Kopfschmerzen

Ein Überschuss an Stickstoff und anderen Abfallprodukten, die beim Proteinstoffwechsel entstehen, kann Kopfschmerzen verursachen, da der Körper versucht, diese Abfallstoffe auszuscheiden

Säurebildung durch tierische vs. pflanzliche Proteine

Bei der Verstoffwechselung von Proteinen, unabhängig davon, ob tierischen oder pflanzlichen Ursprungs, entstehen Stoffwechselprodukte wie Harnstoff, die die Nieren belasten können. Tierische Proteine sind jedoch tendenziell stärker säurebildend. Dies liegt daran, dass sie häufig höhere Mengen an schwefelhaltigen Aminosäuren enthalten, die bei der Verdauung vermehrt Säuren produzieren.

Basenbildende Mineralstoffe in pflanzlichen Lebensmitteln

Pflanzliche Lebensmittel verursachen in der Regel weniger Säurebelastung, da sie oft reich an basenbildenden Mineralstoffen wie Kalium, Magnesium und Calcium sind. Diese Mineralstoffe wirken den Säuren entgegen und unterstützen die Regulierung der Säure-Basen-Balance im Körper.

Übermäßiger Proteinkonsum und Nierenbelastung

Trotz der geringeren Säurebildung durch pflanzliche proteinreiche Lebensmittel kann ein übermäßiger Konsum, etwa durch pflanzliche Proteinpulver, dennoch zur Ansammlung von Säuren im Körper beitragen. Das liegt daran, dass die Verstoffwechselung großer Mengen an Protein zur Produktion von Harnstoff und anderen Abbauprodukten führt. Diese Abbauprodukte können die Nieren zusätzlich belasten.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Körper Proteine, ob pflanzlich oder tierisch, auf ähnliche Weise verstoffwechselt. Der Unterschied in der Säurebildung entsteht hauptsächlich durch die unterschiedlichen Begleitstoffe der Lebensmittel. Dabei handelt es sich bei pflanzlichen Lebensmitteln meist um basenbildende Mineralstoffe, die die Säure-Basen-Balance unterstützen. Im Gegensatz dazu enthalten tierische Proteine häufig höhere Mengen an gesättigten Fetten und Cholesterin, die die Säurebelastung erhöhen können.

Empfehlung für eine ausgewogene Ernährung

Eine ausgewogene Ernährung, die eine Mischung aus verschiedenen pflanzlichen Proteinquellen umfasst und reich an Obst und Gemüse ist, kann helfen, die Nieren zu entlasten und die Säure-Basen-Balance zu unterstützen. Dies ist besonders wichtig, um mögliche negative Auswirkungen einer eiweißreichen Ernährung zu minimieren.

Salatbowl Proteingehalt

Wenn wir die Mengenverhältnisse berücksichtigen, enthält diese Salatbowl mit Hanfdressing und 3 Leinsamen-Crackern etwa 40 g Protein.

Zusammenfassung und Perspektiven

Balance ist der Schlüssel

Eiweiß ist zwar zweifellos ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung, aber es ist wichtig, dass wir es ausgewogen und maßvoll zu uns nehmen. Anstatt sich auf eine proteinreiche Ernährung zu verlassen, sollten wir eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung anstreben, die eine Vielzahl von Nährstoffen aus unterschiedlichen Lebensmittelgruppen bietet wie auch gesunde Fette, Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe.

Ein tieferes Verständnis darüber, wie unser Körper eigenes Eiweiß aufbaut, kann wertvolle Aha-Erlebnisse liefern. Eine ausführliche Beschreibung dieses Prozesses befindet sich in diesem Artikel: Können wir den Proteinbedarf mit Rohkost decken?

Langzeitperspektiven

Proteine spielen eine entscheidende Rolle in der Regulierung der Stoffwechselgesundheit und des Alterungsprozesses. Studien deuten darauf hin, dass eine proteinarme Ernährung mit gesundem Altern beim Menschen in Verbindung steht (3). Zudem zeigen Forschungsergebnisse, dass eine Proteinrestriktion das Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit auf molekularer und pathologischer Ebene verlangsamen und eine vielversprechende Behandlungsstrategie für Alzheimer darstellen könnte.

 

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Ernährungsberaterausbildung roh-vegan

Ulrike Eder
Ulrike ist Heilpraktikerin (psych.), Ernährungsberaterin, Hippocrates Lifestyle Medicine Coach und Phytotherapeutin. Zusammen mit ihrem Mann Jürgen leitet sie die Ernährungsberater-Fernausbildung der Deine Ernährung Akademie.

Kommentare

4 Kommentare

  1. Maria

    Auf einen solchen Artikel habe ich schon lange gewartet, da ich diesen übermäßigen Fokus auf Proteine die ganze Zeit schon kritisch beäugt habe. Sehr gut, dass auch Marketingstrategien und Einflussnahme durch Social Media thematisiert werden.

    Antworten
    • Ulrike Eder

      Liebe Maria,
      wir danke dir für dein Feedback und freuen uns, dass du den Trend der eiweißreichen Ernährung bereits kritisch hinterfragt hattest.
      Liebe Grüße
      Ulrike

      Antworten
  2. Nina

    Hallo liebe Ulrike,
    und wie sieht es mit gesprossten Hülsenfrüchten aus? Werden diese basisch oder sauer verstoffwechselt?

    Vielen Dank für eure wertvolle Arbeit.

    Antworten
    • Ulrike Eder

      Liebe Nina,

      vielen Dank für deine interessante Frage!

      Gekeimte Hülsenfrüchte, wie beispielsweise gekeimte Kichererbsen, werden tendenziell basisch verstoffwechselt, da das Keimen viele der enthaltenen Antinährstoffe (wie Phytinsäure und Lektine) abbaut und die Nährstoffe besser verfügbar macht. Durch den Keimprozess werden basenbildende Mineralstoffe besser bioverfügbar, was die basische Wirkung unterstützt. Dennoch hängt die individuelle Wirkung auf den Säure-Basen-Haushalt auch von der Menge und der restlichen Ernährung ab.

      Zur Wirkung von Hülsenfrüchten siehe auch diesen Artikel: https://deine-ernaehrung.de/das-beste-hummus-rezept/

      Liebe Grüße
      Ulrike

      Antworten

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