Die Rohkosternährung begeistert viele Menschen weltweit. Sie steht für frische, natürliche Lebensmittel, die in ihrer ursprünglichen Form verzehrt werden – voller lebendiger Enzyme, Vitamine und Nährstoffe. Viele berichten von mehr Vitalität, besserer Gesundheit und einem neuen Lebensgefühl, wenn sie ihre Ernährung um mehr frisches Pflanzliches bereichern.
Doch Rohkost ist nicht gleich Rohkost: Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Ansätze entwickelt. Manche Strömungen sind rein vegan, andere erlauben tierische Produkte. Einige verzichten auf das Frühstück, andere setzen auf eine fettarme und obstbasierte Ernährung. Trotz ihrer Unterschiede haben alle Richtungen eines gemeinsam: Sie priorisieren unerhitzte, naturbelassene Lebensmittel als Basis für ein gesundes Leben.
In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die geschichtlichen Wurzeln der Rohkostbewegung und stellen Pioniere aus unterschiedlichen Ländern vor – von der Natural Hygiene über die Urkost bis hin zur Wildkräuter-Vitalkost. Jede Strömung hat ihren eigenen Ansatz und Anspruch.
INHALT
Internationale Rohkostbewegung
Pioniere der Natural Hygiene
- Dr. Isaac Jennings (1788–1874)
- Sylvester Graham (1794–1851)
- Dr. John H. Tilden (1851–1940)
- Prof. Arnold Ehret (1866–1922)
Weiterentwicklung und moderne Ansätze
- Herbert M. Shelton (1895–1985)
- Dr. Norman W. Walker (1886–1985)
- Dr. Paul C. Bragg (1895–1976)
- Ann Wigmore (1909–1994)
- Dr. Fred Bisci (geb. 1930)
- Brian Clement (geb. 1950er)
- Dr. Robert Morse (geb. 1950er)
- Dr. Gabriel Cousens (geb. 1943)
- Harvey and Marilyn Diamond (1985)
- Dr. Douglas Graham (geb. 1953)
Rohkostbewegung in Deutschland
Internationale Rohkostbewegung
Pioniere der Natural Hygiene
Die Natural-Hygiene-Bewegung ist eine der ältesten Strömungen der Rohkost und legte den Grundstein für viele moderne Ansätze. Sie entstand Anfang des 19. Jahrhunderts aus einer Ärztebewegung, die sich kritisch mit den damaligen Behandlungsmethoden auseinandersetzte. Statt Medikamente zu verordnen, vertrat sie einen ganzheitlichen Gesundheitsansatz.
Die Natürliche Gesundheitslehre basiert auf der Idee, dass der Mensch ein ganzheitlich gesundes Leben führen kann, wenn er sich an der ursprünglichen Ernährung seiner Vorfahren orientiert, harmonische soziale Beziehungen pflegt, einer erfüllenden Tätigkeit nachgeht und einen ausgewogenen Rhythmus zwischen Aktivität und Ruhe findet. Ebenso wichtig sind saubere Umgebung, frische Luft, reines Wasser und ausreichend Sonnenlicht.
Die Bewegung hat viele moderne Ernährungskonzepte geprägt. Hier eine Übersicht wichtiger Vertreter und Entwicklungen:
Dr. Isaac Jennings (1788–1874)
Dr. Isaac Jennings war ein US-amerikanischer Arzt und ein früher Pionier der Natural-Hygiene-Bewegung. Ursprünglich in der Schulmedizin tätig, wandte er sich vom Einsatz von Medikamenten ab, da er deren schädliche Auswirkungen erkannte. Stattdessen entwickelte er das „No-Medicine-System“, das auf den Selbstheilungskräften des Körpers basiert (1).
Jennings setzte auf natürliche Maßnahmen wie Fasten, frische Luft, Ruhe, Bewegung und eine pflanzliche Ernährung. Er sah Krankheiten als Reinigungsprozesse des Körpers und betonte die Bedeutung eines natürlichen Lebensstils zur Förderung von Gesundheit.
Sein Ansatz beeinflusste viele spätere Vertreter der Natural Hygiene, darunter Herbert M. Shelton und Sylvester Graham, und legte einen wichtigen Grundstein für die moderne Naturheilkunde.
Sylvester Graham (1794–1851)
Sylvester Graham war ein US-amerikanischer Prediger, Gesundheitsreformer und Begründer der nach ihm benannten Graham-Diät. Er war ein leidenschaftlicher Verfechter eines einfachen, naturbelassenen Lebensstils und widmete sein Leben der Verbreitung von Gesundheitslehren, die auf pflanzlicher Ernährung und natürlichen Lebensweisen basierten (2).
Die Graham-Diät basierte auf:
- Unverarbeitetem Vollkorngetreide, insbesondere dem von ihm entwickelten Graham-Mehl, aus dem das berühmte Graham-Brot hergestellt wurde.
- Frischem Obst und Gemüse als Hauptbestandteile der Ernährung.
- Verzicht auf raffinierten Zucker, Weißmehl, Gewürze, Alkohol und Fleisch.
Graham sah Ernährung als zentralen Faktor für die körperliche Gesundheit, geistige Klarheit und moralische Integrität. Er glaubte, dass einfache, unverarbeitete Lebensmittel nicht nur den Körper, sondern auch den Geist reinigen könnten.
Dr. John H. Tilden (1851–1940)
John H. Tilden kritisierte die konventionelle Medizin scharf und entwickelte eine Theorie, wonach Krankheiten auf toxische Überlastungen und ungesunde Lebensgewohnheiten zurückzuführen sind. Sein Buch Toxemia Explained gilt als eines der Grundlagenwerke der Natural-Hygiene-Bewegung (3).
Prof. Arnold Ehret (1866–1922)
Arnold Ehret entwickelte die „Schleimfreie Heilkost“, die auf der Annahme basiert, dass fast alle Krankheiten auf eine unnatürliche, eiweiß- und fettreiche Überernährung zurückzuführen sind. Er sah Krankheiten als den Versuch des Körpers, überschüssigen Schleim und Gifte auszuscheiden, und entwickelte Methoden zur Unterstützung dieser Prozesse durch Ernährung und Fasten(4).
Sein bekanntestes Werk Mucusless Diet Healing System beschreibt Fastenprotokolle und Ernährungspläne, die auf Rohkost, basischen Lebensmitteln und der schrittweisen Entgiftung des Körpers beruhen. Ehret betonte die heilende Kraft natürlicher Nahrung wie Obst, Gemüse und frischen Säften und sah diese als Schlüssel zu Vitalität und Gesundheit.

Herbert M. Shelton (1895–1985)
Die Natural Hygiene wurde maßgeblich von Herbert M. Shelton geprägt. Shelton verbreitete die Grundprinzipien der Bewegung in seinen zahlreichen Büchern und betonte die Bedeutung einer einfachen, pflanzenbasierten Ernährung, kombiniert mit Fasten und natürlicher Lebensweise, um die Selbstheilungskräfte des Körpers zu unterstützen (5). Er gilt als Wegbereiter moderner Rohkostbewegungen.
Dr. Norman W. Walker (1886–1985)
Norman Walker ist bekannt als Pionier der Frischsafttherapie und Erfinder eines der ersten Entsafter, dem „Norwalk Juicer“. Er vertrat die Ansicht, dass frische Säfte die beste Möglichkeit bieten, Nährstoffe aufzunehmen und die Vitalität zu steigern. Sein Buch Frische Frucht- und Gemüsesäfte ist ein Klassiker der Rohkostbewegung (6).
Dr. Norman W. Walker wurde 99 Jahre alt und gilt als beeindruckendes Beispiel für die von ihm propagierte natürliche Lebensweise.
Dr. Paul C. Bragg (1895–1976)
Paul Bragg war ein amerikanischer Gesundheitsberater, der das therapeutische Fasten als Entgiftungsmethode propagierte. Er kombinierte dies mit einer pflanzenbasierten Ernährung und entwickelte Konzepte zur „Lebensverlängerung durch Fasten“. Sein Buch The Miracle of Fasting ist eines der bekanntesten Werke zum Thema (7).

Ann Wigmore (1909–1994)
Ann Wigmore war eine litauisch-amerikanische Pionierin der Rohkostbewegung und Begründerin der „Living Foods“. Ihre Arbeit wurde von ihrer eigenen Heilung inspiriert: Sie konnte ihre Krebserkrankung durch eine Ernährung aus frischen, rohen Lebensmitteln, Weizengrassaft und fermentierten Produkten wie Rejuvelac überwinden (8).
„Living Foods“-Konzept
- Weizengrassaft: Wigmore popularisierte ihn als entgiftendes und regenerierendes Mittel.
- Fermentierte Lebensmittel: Probiotische Produkte wie Rejuvelac zur Förderung der Darmgesundheit.
- Sprossen: Kern ihrer Ernährung, da sie enzymreich und leicht verdaulich sind.
1963 gründete sie das Hippocrates Health Institute, wo sie ihre Prinzipien lehrte und viele Menschen unterstützte, ihre Gesundheit durch Ernährung und Entgiftung zu verbessern.
Dr. Fred Bisci (geb. 1930)
Dr. Fred Bisci ist ein amerikanischer Ernährungswissenschaftler und führender Verfechter der roh-veganen Ernährung. Seit über 60 Jahren propagiert er die heilende Kraft von naturbelassener Nahrung und deren Rolle für langfristige Gesundheit und Krankheitsprävention.
Seine Philosophie basiert auf einer ausgewogenen roh-veganen Ernährung mit frischem Obst, Gemüse, Nüssen, Samen und Sprossen. Dabei betont er die Wichtigkeit von Entgiftung und Regeneration durch den Verzicht auf tierische und verarbeitete Lebensmittel, um die Selbstheilungskräfte des Körpers zu ermöglichen und zu fördern. Ein ganzheitlicher Lebensstil mit ausreichend Bewegung, Stressmanagement und Schlaf ist ein weiterer zentraler Bestandteil seines Ansatzes.
Bisci hat Tausenden Menschen mit chronischen Krankheiten geholfen und sein Wissen in seinem Buch Your Healthy Journey festgehalten. Er gilt als Pionier der Rohkostbewegung und inspiriert weltweit Menschen dazu, ihre Gesundheit durch einen natürlichen Lebensstil zu fördern.
Dr. Robert Morse (geb. 1950er)
Dr. Morse ist Naturheilkundler und Gründer der International School of Detoxification. Er setzt auf eine roh-vegane Ernährung mit Schwerpunkt auf Früchten, Kräutern und Säfte, um die Lymphsysteme zu reinigen und die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren. Sein Ansatz betont die tiefgreifende Entgiftung des Körpers, insbesondere bei degenerativen und chronischen Erkrankungen (9).
Brian Clement (geb. 1950er)
Brian Clement ist Direktor des Hippocrates Wellness (ehemals Hippocrates Health Institute) in West Palm Beach, Florida. 1986 half er, das ursprünglich von Ann Wigmore gegründete Institut nach Florida zu verlegen. Gemeinsam mit seiner Frau Anna Maria Clement entwickelte er ein hochmodernes Programm zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit (10).
Schwerpunkte unter seiner Leitung
- Enzymreiche, lebendige Lebensmittel: Sprossen, Mikrogrün, Weizengrassaft.
- Entgiftung und Regeneration: Stärkung der Selbstheilungskräfte.
- Ganzheitliche Ansätze: Mindset, Bewegung, Stressmanagement.

Dr. Gabriel Cousens (geb. 1943)
Dr. Gabriel Cousens ist ein ganzheitlicher Arzt, Psychiater und spiritueller Lehrer, der in seinen Büchern, wie Individuelle Ernährung mit Ayurveda, eine einzigartige Verbindung zwischen ayurvedischer und roh-veganer Ernährung herstellt. Dabei kombiniert er ayurvedische Prinzipien mit neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, um eine typengerechte Ernährungsweise anzubieten, die individuell auf den Konstitutionstyp abgestimmt ist.
Während seiner langen Indienaufenthalte erkannte Cousens, dass die ursprüngliche ayurvedische Ernährung vor allem roh war. Dieses Wissen fließt in seine Ansätze ein, die auf die Förderung körperlicher Gesundheit, emotionaler Ausgeglichenheit und spirituellen Wachstums ausgerichtet sind. Seine Arbeit inspiriert weltweit Menschen, ihre Ernährung bewusst an ihren individuellen Bedürfnissen auszurichten (11).
Harvey and Marilyn Diamond (1985)
Fit for Life ist der Name einer Ernährungsschule, die 1985 im gleichnamigen Buch von Harvey und Marilyn Diamond veröffentlicht wurde (12). Die Grundlagen basieren auf die Theorien der US-amerikanischen Natural-Hygiene-Bewegung des 19. Jahrhunderts und kombinieren deren Prinzipien mit Aspekten der Trennkost und Rohkost. Ziel ist es, die Verdauung zu optimieren, die Vitalität zu steigern und den Körper zu entlasten.
Grundprinzipien von Fit for Life
- 70 % der Nahrung aus Obst, Gemüse und Salaten.
- 30 % der Nahrung aus Brot, Getreide und selten Fleisch.
- Getränke: destilliertes Wasser, frisch gepresste Frucht- und Gemüsesäfte.
Lebensmittelkombinationsregeln
Das Konzept der gesunden Lebensmittelkombinationen sagt aus, dass jede Lebensmittelgruppe – Früchte, Gemüse, Nüsse, Samen – bestimmte Verdauungsenzyme erfordert und in verschiedenen Geschwindigkeiten verdaut wird.
- Trinken: 20 Minuten vor oder 45 Minuten nach dem Essen, um die Verdauung nicht zu stören.
- Obst: Auf nüchternen Magen essen, da es sehr schnell verdaut wird.
- Detaillierte Kombinationsregeln siehe HIER.
Tageszyklus nach Fit for Life
Der Ernährungsplan orientiert sich an drei Phasen des biologischen Rhythmus:
- 4 bis 12 Uhr: Ausscheidungsphase – Früchte oder Säfte auf leeren Magen.
- 12 bis 20 Uhr: Nahrungsaufnahme – Hauptmahlzeiten wie Salate und Gemüse.
- 20 bis 4 Uhr: Verdauungsphase – Leichte Kost zur Unterstützung des Stoffwechsels.
Dr. Douglas Graham (geb. 1953)
Dr. Douglas Graham stellte mit seinem 2006 veröffentlichten Buch „The 80/10/10 Diet“ einen neuen Ansatz innerhalb der veganen Rohkost vor: die Philosophie „High Carb – Low Fat“.
Grundlagen der 80/10/10-Ernährung
Die Zahlen 80/10/10 beziehen sich auf die Kalorienverteilung:
- 80 % aus Kohlenhydraten
- 10 % aus Eiweiß
- 10 % aus Fett.
Lebensmittel bei 80/10/10
- Hauptquelle für Kohlenhydrate: Reife Früchte.
- Zusätzlich: Große Mengen Salat und Gemüse für Chlorophyll und Mineralien.
- Qualität: Alle Lebensmittel sollten aus biologischem Anbau stammen.
Dr. Graham sieht in einer kohlenhydratreichen und fettarmen Ernährung zahlreiche Vorteile:
Kohlenhydrate liefern schnell verfügbare Energie, da Glukose mithilfe von Insulin effizient in die Zellen transportiert wird. Eine fettreiche Ernährung hingegen blockiert diesen Prozess durch Fettablagerungen an Gefäßwänden, was Insulinresistenz, hohen Blutzucker und Stoffwechselstörungen begünstigt. Zudem verdrängt überschüssiges Fett Sauerstoff im Blut, fördert Stresshormone wie Adrenalin und kann langfristig zu Nebennierenerschöpfung und chronischer Müdigkeit führen.

Rohkostbewegung in Deutschland
Maximilian Bircher-Brenner (1867–1939)
Maximilian Bircher-Brenner erkannte in Pflanzen eine besondere Kraft, da sie ihre Energie aus dem Sonnenlicht beziehen. Er war überzeugt, dass rohe, naturbelassene Lebensmittel aufgrund ihrer „Lebenskraft“ gesünder sind als gekochte Speisen. Sein berühmtes „Bircher-Müsli“ wurde zum Symbol seiner Ernährungsphilosophie (13). Diese umfasste neben rohem Obst, Gemüse und Salaten auch schonend gegarte Speisen sowie Milch, Butter, Käse und Eier in Maßen. Gekochte, stark verarbeitete Lebensmittel, Zucker, Auszugsmehle, Fleisch und Wurstwaren lehnte er hingegen ab. Als Getränke empfahl er Wasser, frisch gepresste Säfte und Kräutertees.
Das Original-Bircher-Müsli bestand aus eingeweichten Haferflocken, frisch geriebenem Apfel, Zitronensaft, Kondensmilch und gehackten Nüssen. Das Original-Müsli wurde nicht gesüßt, da der natürliche Fruchtzucker aus dem Apfel für Süße sorgen sollte.
Dr. Joseph Evers (1894–1975)
Der deutsche Arzt Dr. Joseph Evers hat die Evers-Diät entwickelt. Sie basiert auf der Annahme, dass stark verarbeitete Nahrungsmittel Zivilisationskrankheiten wie Multiple Sklerose (MS) fördern können (14). Aus Gebissanalysen und menschlichen Instinkten schloss Evers, dass der Mensch von Natur aus ein Früchte- und Wurzelesser ist.
Der Schwerpunkt seiner Diät liegt auf naturbelassenen, überwiegend rohen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Vollgetreide, Nüssen und Sprossen. Auch Vollkornbrot, Rohmilchbutter sowie rohes oder leicht angebratenes Fleisch und Fisch sind erlaubt. Kartoffeln und rohes Blattgemüse sind hingegen ausgeschlossen. Rohes Blattgemüse enthält Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe wie Oxalsäure, die bei empfindlichen Personen die Verdauung belasten oder die Aufnahme die Mineralstoffaufnahme hemmen können. Kartoffeln hingegen sind nur gekocht verträglich, roh sind sie schwer verdaulich und wirken toxisch, da sie Solanin enthalten.
Neben der Ernährung betonte er die Bedeutung eines gesunden Lebensstils, darunter Bewegung an der frischen Luft und Kneipp-Anwendungen.

Dr. Max Otto Bruker (1909–2001)
Dr. Max Otto Bruker war ein deutscher Arzt und Pionier der vitalstoffreichen Vollwertkost. In den 1950er Jahren entwickelte er ein Ernährungskonzept, das den Verzehr von vollwertigen Lebensmitteln wie Getreide, Vollkornbrot, rohem Obst und Gemüse sowie naturbelassenen Fetten – einschließlich Butter und Sahne – betonte. Obwohl seine Kost nicht ausschließlich auf Rohkost basierte, legte Bruker besonderen Wert auf den täglichen Verzehr von Frischkornbrei und den Verzicht auf raffinierte Produkte wie Zucker, Weißmehl und industriell verarbeitete Fette. Er empfahl zudem, den Konsum von Fleisch, Eiern und Fisch zu reduzieren oder ganz zu vermeiden.
Sein Ernährungskonzept integrierte jedoch auch gekochte Lebensmittel wie Kartoffeln, Vollkornbrot und Hülsenfrüchte, wodurch es eher als Vorläufer der modernen Vollwerternährung und weniger als strikter Rohkostansatz zu sehen ist.
Zur Verbreitung seiner Lehren gründete Bruker 1978 die Gesellschaft für Gesundheitsberatung e.V. (GGB), die im Dr.-Max-Otto-Bruker-Haus in Lahnstein ansässig ist. Dort werden bis heute zahlreiche Seminare und Ausbildungen angeboten, die auf seinen Prinzipien basieren.
Dr. Johann Georg Schnitzer (1930–2023)
Dr. Johann Georg Schnitzer entwickelte in den 1960er Jahren die Schnitzer-Kost, eine rohköstlich geprägte Ernährungsform. Nach seiner Lehre ist gekochte und stark verarbeitete Nahrung die Hauptursache für chronische Zivilisationskrankheiten. Die Kost gliedert sich in zwei Varianten:
Schnitzer-Intensivkost
Die Intensivkost wird insbesondere bei bestehenden gesundheitlichen Problemen oder zur Vorbeugung chronischer Erkrankungen empfohlen. Sie zielt darauf ab, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren, und kann laut Schnitzer zeitlich unbegrenzt angewendet werden.
Es ist eine rein vegane, eiweißarme Rohkost. Der typische Tagesablauf beginnt mit einem Frühstück aus Frischkornbrei und Apfel. Mittags und abends werden Salate aus Blatt- und Wurzelgemüse verzehrt.
Schnitzer-Normalkost
Die Normalkost ist für gesunde Menschen gedacht, die eine flexible und alltagstaugliche Ernährungsweise mit hohem Rohkostanteil bevorzugen. Sie enthält alle Elemente der Intensivkost, ergänzt um gekochte Beilagen wie Vollkornteig und Kartoffeln sowie Obst, Milcherzeugnisse und Eier.
In den 1980er Jahren brachten Helmut Wandmaker und Franz Konz die Prinzipien der Natural Hygiene nach Deutschland und integrierten sie in ihre eigenen Ernährungsphilosophien.
Helmut Wandmaker (1916–2007)
Helmut Wandmaker war ein deutscher Autor und Verfechter der Rohkost. Mit seinem Buch Willst Du gesund sein? Vergiss den Kochtopf! inspirierte er viele Menschen, sich auf natürliche, unverarbeitete Lebensmittel zu konzentrieren (15). Wandmaker entwickelte die „Sonnenkost“, eine Ernährungsweise, die sich hauptsächlich auf frisches Obst und Sonnenlicht als Energiequelle stützt. Gemüse spielte nur eine untergeordnete Rolle, während Nüsse in Maßen und Wildkräuter gar nicht empfohlen wurden. Als Getränk befürwortete Wandmaker destilliertes Wasser.

Franz Konz (1926–2013)
Franz Konz, ein ehemaliger Steuerbeamter und Autor, wurde mit seinem Buch Der große Gesundheits-Konz bekannt (16). Er propagierte die „Urkost“, eine Ernährung, die sich an der Natur orientiert und stark von den Prinzipien der Natural Hygiene inspiriert ist. Sein Fokus lag auf heimischen Wildpflanzen wie Blättern, Beeren und Früchten, die roh und in ihrem natürlichen Zustand verzehrt werden. Konz vertrat die Auffassung, dass eine zusätzliche Flüssigkeitsaufnahme unnötig sei, da die Nahrung bei einer urköstlichen Ernährung genügend Wasser liefert.
Dr. Karl Probst (geb. 1949)
Dr. Karl Probst ist ein deutscher Arzt, Naturheilkundler und Mitbegründer der deutschen Rohkostbewegung der 1980er Jahre. Er setzt auf eine kohlenhydratbewusste Rohkost, um Blutzucker- und Insulinspiegel zu stabilisieren und chronische Krankheiten wie Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf-Leiden zu behandeln.
Seine Empfehlungen umfassen:
- Wenig süße Früchte wie Trauben oder Bananen.
- Fokus auf Gemüse wie Brokkoli, Gurken und Blattgemüse.
- Gesunde Fette und Proteine durch Avocados, Nüsse und Sprossen.
- Verzicht auf stärkehaltige Lebensmittel wie Kartoffeln.
Probst prägte die Rohkostbewegung nachhaltig und ist eine zentrale Figur der deutschen Naturheilkunde.

Dr. John Switzer (geb. 1957)
Dr. John Switzer ist Ayurveda-Arzt, Naturheilkundler und ein etablierter Spezialist für pflanzenbasierte Ernährung. Er kombiniert ayurvedische Prinzipien mit Rohkost und setzt auf die heilende Kraft von heimischen Wildkräutern. Seine Erfahrungen zeigen, dass eine roh-vegane Lebensweise, ergänzt durch Wildkräuter, ein Optimum an Nährstoffen bietet und nachhaltige Sättigung ermöglicht.
Für Longevity und zur Behandlung degenerativer Krankheiten und Krebs entwickelte er die Wildkräuter-Vitalkost-Therapie, die die Gerson-Therapie mit Rohkost und heilkräftigen Fermentationssäften kombiniert. Switzers Ansatz betont Fasten, Entgiftung und eine auf den individuellen Konstitutionstyp abgestimmte Ernährung.
Fazit
Die Rohkosternährung hat sich im Laufe der Geschichte durch verschiedene Ansätze und Philosophien weiterentwickelt, die jeweils von den Überzeugungen und Erfahrungen ihrer Begründer geprägt wurden. Ob es sich um die Schleimfreie Heilkost nach Arnold Ehret, die Frischsafttherapie von Norman W. Walker oder moderne Ansätze wie die 80/10/10-Diät von Douglas Graham handelt – alle Richtungen vereint das Ziel, die Gesundheit zu fördern, den Körper zu entlasten und die Selbstheilungskräfte zu aktivieren.
Die Vielfalt innerhalb der Rohkostbewegung verdeutlicht, dass es nicht den einen richtigen Weg gibt. Stattdessen bietet sie zahlreiche Möglichkeiten, durch naturbelassene, enzymreiche Lebensmittel zu einem gesünderen und vitaleren Leben zu gelangen. Welcher Ansatz letztendlich der richtige ist, erfordert individuelle Auseinandersetzung, Experimentieren und das Entdecken dessen, was dem eigenen Körper und Wohlbefinden am meisten guttut.
Wenn du ein tieferes Verständnis über die gesundheitliche Wirkung einer natürlichen Ernährungsweise erlangen und deine Gesundheit auf ein höheres Level heben möchtest – dann informiere dich bei uns!
Hallo Ulrike,
vielen DANK für den interessant zusammenfassenden Artikel über ‚Die verschiedenen Richtungen innerhalb der Rohkost-Ernährung‘. Wirklich vielfältig diese Entwicklung und nur individuell ergründbar.
Für mich immernoch das Beste, was man essen kann! Aber jetzt kann ich wenigstens die ein oder andere Meinung von belesenen Nicht-Rohköstlern besser verstehen 🙂
Viele Grüße
Rüdiger
Hallo Rüdiger,
danke für deinen Kommentar,
liebe Grüße
Ulrike